Optimaler Genuss :
Die richtige Serviertemperatur für Weiß- und Rotweine
Ob ein teurer Cabernet Sauvignon aus Bordeaux, ein Spitzen-Pinot Noir aus dem Burgund oder ein Top-Riesling von der Luxemburger Mosel: Weine entfalten ihre volle Wirkung erst, wenn sie bei der richtigen, idealen Temperatur serviert werden. Denn dann steigen die Aromen in voller Blüte aus dem Glas.
Dass Weißweine kälter getrunken werden sollten als Rotweine, ist eine Binsenweisheit. Doch Weißwein ist nicht gleich Weißwein, je nach Rebsorte und Stil wird er eher kalt oder etwas weniger kühl serviert, und auch bei Rotweinen gibt es deutliche Unterschiede, manche dürfen etwas kühler, andere keinesfalls unter 16 Grad Celsius serviert werden. Und natürlich verlangen auch Schaumweine, Roséweine und Dessertweine die optimale Serviertemperatur.
Man kann vom Grundsatz ausgehen, dass die Serviertemperatur für leichte Weine niedriger sein sollte als für kräftige Weine, sie steigt mit der Dichte, dem Alkohol- und Tanningehalt. Aber der Unterschied liegt im Detail…
Wohin mit dem Weißwein?
Weißweine enthalten in der Regel kaum Tannine, mit Ausnahme der so genannten Orange-Weine zum Beispiel, die während der Gärung einige Zeit auf der Traubenhaut gelegen haben. Frische Weißweine sind eher fein-phenolisch, ihre Aromen tendieren zu Zitrusfrüchten, Steinobst, Blumen und Blüten, roten Früchten, Honig oder Kräuternoten, je nach Rebsorte. Weißweine, die im Tank vinifiziert wurden, leben von ihrer Säure, die ihnen eine kernige, knackige Frische verleiht.
Damit sie leicht und fruchtig bleiben und nicht zu schwer wirken, benötigen sie kühlere Temperaturen zwischen 7 und 9 Grad; die knackige, spritzige Säure steht im Gleichgewicht mit den anderen Komponenten. Auch unkomplizierte, weniger komplexe Weißweine, die nur in geringem Maße im Fass gereift sind, können recht kühl serviert werden.
Kalt aber nicht zu kalt
Große Weißwein-Crus, die eine längere Zeit im Fass oder Barrique verbracht haben und über eine feinere, geschliffenere Säure und eine cremige Struktur verfügen, würden jedoch ihr Aroma verlieren, wenn sie zu kalt serviert würden. Generell sollten Weißweine, die lange im Fass gereift sind, etwas wärmer getrunken werden; ideal sind Temperaturen von 9 bis 12 Grad, zum Beispiel für einen Chardonnay oder einen Pinot Blanc „élevé en barrique“.
Aber grundsätzlich kann ein sehr guter, komplexer Weißwein, auch wenn er nie mit Holz in Berührung gekommen ist, etwas höhere Serviertemperaturen vertragen – das nennt man Genusstemperatur. Dies gilt insbesondere für etwas ältere Weißweine, die in der Flasche Sekundär- oder gar Tertiäraromen entwickelt haben. Denn ein kalt servierter Wein hat einen Nachteil: bei zu niedriger Temperatur gehen komplexe Aromen verloren… So gibt es zum Beispiel Riesling-Fans, die einen bereits etwas gereiften Cru lieber nur ganz leicht gekühlt genießen.
Abkühlen ist hier angesagt
Weißweinflaschen, die nicht im Kühlschrank aufbewahrt wurden, kann man recht schnell auf die gewünschte Temperatur bringen. Die schnellste Methode ist das Abklühlen im Tiefkühler innerhalb von 60 bis 90 Minuten, aber elegant ist diese Methode nicht. Besser ist das Abkühlen in sogenannten Sektkühlern, in die man reichlich Eiswürfel gibt, je mehr, desto schneller geht es. Es ist demnach nie schlecht, eine oder zwei Tüten Eis im Tiefkühler zu lagern.
Natürlich sind auch Weinklimageräte eine gute Wahl, aber sie sind eher für die Langzeit-Aufbewahrung von teureren Flaschen gedacht – ein solcher Schrank ist eine Investition, die sich echte Weinliebhaber leisten. Eine Alternative sind Weinservierschränke (so wie in den Restaurants), mit verschiedenen Temperaturzonen in einem Gerät.
Und nun zum Rotwein…
Ein wichtiger Faktor, der den Rotwein vom Weißwein unterscheidet, sind die Tannine, die aus den Kernen und Schalen der Trauben stammen. Sie verleihen dem Wein Struktur, Geschmack und Alterungspotenzial, können aber bei niedrigen Temperaturen dazu führen, dass er zu bitter und unharmonisch schmeckt, besonders wenn er noch sehr jung ist.
Rotweine enthalten auch mehr Phenole, die zusammen mit dem Alkohol dem Wein seine Fülle verleihen. Wärmere Temperaturen unterstützen das Bukett und den Geschmack mit mehr Komplexität und Intensität, aber wenn die Temperatur zu warm ist, wird der Alkohol überbetont und der Wein wirkt heiß, verbrannt.
Alles eine Frage des Gleichgewichts
Aber wie bei Weißweinen hängt die ideale Serviertemperatur von den verschiedenen Rebsorten und dem Stil eines Weins ab. Frische Rotweine, die nur kurz mit der Traubenhaut in Berührung gekommen sind, keinen Holzkontakt hatten und bereits nach wenigen Monaten auf dem Markt sind, wie ein leichter Luxemburger Pinot Noir, ein Tavel aus der Rhône oder ein Merlot aus den Dolomiten, vertragen kühlere Serviertemperaturen um 14, 15 Grad.
Doch je schwerer der Rotwein ist und je länger er mit dem Holzfass in Berührung gekommen ist, desto höher steigt die ideale Serviertemperatur. Nehmen wir als Beispiel die Merlots aus der wohl perfekten Anbauregion für diese Sorte, der „Rive Droite“ in Bordeaux und zwar den Appellationen Pomerol und Saint-Emilion. Spitzen-Crus wie Château Trotanoy oder La Mondotte, die kompakt und komplex sind und üppig nach Schokolade und schwarzen Früchten schmecken, werden bei 17 bis 18 Grad getrunken. Aber es gibt auch viele leichtere Merlot-Crus innerhalb dieser Appellationen, die mehr nach roten Früchten schmecken und etwas kühler getrunken werden können. Es ist alles eine Frage des Gleichgewichts.
Top-Crus und wirklich schwere Rotweine aus Sorten wie Tannat (der unter anderem im französischen Südwesten, in Madiran, zu Hause ist) brauchen ohnehin viel Luft und Zeit, um sich im Glas voll zu entfalten. Dabei nehmen sie automatisch die Zimmertemperatur an.
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